Aphasie im Kindesalter

Nach einer Schädigung des Gehirns wie zum Beispiel durch ein Schädel-Hirn-Trauma oder einen Schlaganfall, können unter anderem Sprachstörungen auftreten. In der Fachsprache spricht man dann von einer Aphasie, von der auch Kinder betroffen sein können. In der Kinder-Reha Schweiz werden betroffene Kinder mit Aphasie interprofessionell behandelt und bei ihrer Rückkehr nach Hause und in die Schule unterstützt.Hilfsmittel Kernwörter Training.jpg

Eine Aphasie führt zu Schwierigkeiten in den Bereichen der Sprachproduktion, des Sprachverständnisses sowie des Lesens und Schreibens. Typisch für Aphasien im Kindesalter ist der Mutismus zu Beginn der Erkrankung, der teilweise mehrere Wochen bis Monate anhalten kann. Mutismus bedeutet, dass die Kinder am Anfang (noch) nicht sprechen können. Zudem haben Kinder mit Aphasie ihren Spracherwerb noch nicht abgeschlossen. Sie sind deswegen mit zwei Herausforderungen konfrontiert: Einerseits müssen sie die sprachlichen Fähigkeiten, die durch die Aphasie „verschüttet“ wurden, wiedererlangen. Andererseits müssen sie mit der Aphasie im Gepäck ihren Spracherwerb abschliessen. Die Therapie von Aphasien im Kindesalter ist sehr unterschiedlich und orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der Kinder. Besonders während der mutistischen Phase oder bei schwereren Aphasieformen kommen Mittel der Unterstützten Kommunikation zum Einsatz, um eine Form der Kommunikation sicherzustellen. Dies ist besonders wichtig, da viele Kinder durch die Aphasie mit Frustration, Unsicherheiten, Aggressionen oder sozialem Rückzug reagieren. Die Erarbeitung von Kommunikationsmöglichkeiten ist dabei zentral. Der Einsatz von Unterstützter Kommunikation schliesst die gezielte Arbeit an den sprachlichen Fähigkeiten allerdings keinesfalls aus, sondern ergänzt diese. So wird beispielsweise gezielt am Wortabruf, dem Sprachverständnis oder der Schriftsprache gearbeitet. Durch den multimodalen Zugang in der Therapie wird das sprachliche Netzwerk reaktiviert und weiter vernetzt.

Im Gegensatz zu schweren Aphasien stehen bei leichteren Formen insbesondere die Schriftsprache und der Wortabruf im Vordergrund. Das kann auch bedeuten, dass sich kleine Kinder nach einem neurologischen Ereignis, wie einem Schädel-Hirn-Trauma, sehr schnell erholen und nach kurzer Zeit kaum noch sprachliche Auffälligkeiten zeigen. Schwierigkeiten treten dann teilweise erst mit Schuleintritt und dem Beginn des Schriftspracherwerbs auf. Bei Kindern, die bereits Schriftsprache erworben haben, zählen Störungen der Schriftsprache zu den Symptomen mit der schlechtesten Prognose. Wie auch im Bereich der Unterstützten Kommunikation, kommen zur Unterstützung vom Lesen und Schreiben zunehmend auch elektronische Hilfsmittel zum Einsatz. Deshalb ist das Störungsbild nicht nur für klinisch tätige Logopäd:innen, sondern auch für Fachpersonen in Schulen relevant, auch wenn es selten ist.

Eliane Fermaud, Logopädin in der Kinder-Reha Schweiz in Affoltern am Albis

Neuen Kommentar schreiben